Dienstreise nach Polen

Ich war vor zwei Jahren schon einmal hier, damals haben wir in einer neuen Firma hier in Polen unser ERP-System eingeführt und mussten deswegen ein paar Wochen lang auch vor Ort. Eine interessante Erfahrung ist es allemal, wenn man in ein fremdes Land kommt. Noch dazu in eines, das einen komplett anderen Hintergrund hat, wie es ja praktisch für alle Länder im Osten Europas gilt.
Es hat sich aber eine Menge geändert. Als wir damals hierherkamen, sind wir mit der Tschechischen Airline CSA über Prag nach Ostrau geflogen und dann mit dem Auto über die Grenze gefahren. Das war so etwas wie ein nächtliches Abenteuer, auch wenn die sozialistischen Zeiten ja lange her sind. Aber nachts an einem Grenzübergang im Osten, das mit grimmig guckenden Herren besetzt ist, die alle bewaffnet sind – das ist schon Anlass für erste Schwitzattacken gewesen.
Aber glücklicherweise auch der schwierigste Teil der Anreise.
Danach ging es über die polnische Autobahn direkt nach Bielsko Biala weiter. Und diese Strassen waren schon eine Überraschung. Neu und in gutem Zustand, das hatte ich nicht erwartet. Das Verständnis kam dann schnell, als wir die Schilder entzifferten, die da am Strassenrand standen. „Gebaut mit Mitteln der EU …“ Aha. Da versackt also die ganze Kohle, die dem deutschen Haushalt so fehlt.
Naja, ist ja auch erst mal richtig, wenn man die Länder im Osten nutzen will, um billiger zu produzieren, ihnen auch die Infrastruktur zu geben.
Dafür ist ja unter anderem auch unser Werk in Polen da (wozu auch sonst). Über die Jahre lief es da auch ohne optimal eingerichtetes System sehr gut. Aber das ändert sich gerade und das ist auch mit der Grund, warum wir jetzt hier sind. Ein neues System wirft seine Schatten voraus.
Über die Firma, möchte ich allerdings gar nicht reden. Eher über die Schwierigkeiten, hierher zu kommen. Diesmal mussten wir nicht mitten in der Nacht aufstehen. Dafür starteten wir aber trotzdem recht früh. Der Flug ging zwar erst gegen 16:30, aber dafür ab Frankfurt. Da mussten wir natürlich jetzt erst mal hinkommen. Von Stuttgart nach Frankfurt Fernbahnhof, ging ein ICE. Das war weniger das Problem. Auch nach Stuttgart kann man irgendwie kommen, auch wenn das schon komplizierter ist. In Frankfurt am Flughafen kann man dann gleich nach dem Fernbahnhof schon einchecken bei der Lufthansa, endlich sind wir schließlich in der Abflughalle angekommen. Einfach war es jedenfalls nicht und wenn man bedenkt, dass wir schon fünf Stunden brauchten, um überhaupt mal am Flugzeug anzukommen, dann ist das schon nicht ganz ohne Aufwand.
Der Flug nach Katowitz war nicht unbedingt schlimm, dafür aber ein paar heftige Turbulenzen, die uns bei Start und Landung anständig durchgeschüttelt haben. Und der Flughafen dort, der war eher lustig. Nett und klein, aber schon recht kommerziell.
Mietwagen und danach Landstrasse bis Bielsko, weil die nagelneue Autobahn nicht ohne Maut auskommt. Dafür war die Alternativroute aber eine Europastrasse, die wohl keine Maut kosten darf, weil sie ja von der EU bezahlt wurde. Die Autobahnen lassen sie sich von den Fahrern bezahlen, deswegen ist das wohl auch keine Europastrasse.
Mit dem Hotel waren wir schon immer zufrieden. Das Parkhotel Vienna hat immerhin vier Sterne, ist aber „im Rahmen“, wenn man die deutschen Preisgefüge zugrundelegt. Billig ist es nicht, aber durchaus preiswert und in Deutschland kommt man wesentlich teurer weg, wenn man diesen Standard halten will. Fakt ist aber auch, dass man in Deutschland in Hotels mit weniger Sternen durchaus angenehme Überraschungen erleben kann. In Polen hingegen eher unangenehme, wie ich früher auch schon erleben musste. Es ist kein Fehler, das beste Haus am Platze zu nehmen. Sonderlich teuer wird das nicht sein, dafür aber besser, als die Hotels mit dem geringeren Standard.
Essen kann man in Polen auch gut, traditionell und rustikal genauso, wie bessere Küche (im Hotel z.B.). Aber vergleichbar mit Frankreich ist es andererseits nicht. Gut, das ist aber etwas, das für fast alle Länder gilt, jedes Land hat seine Eigenarten, die einem liegen, oder auch nicht. Auch kulinarisch.
Ich bin ehrlich gesagt etwas skeptisch bei Osteuropa, das ist aber ein persönliches Ding. Es gibt Gegenden, die mir aus naheliegenden Gründen mehr liegen :-). Das heißt jetzt nicht, dass es hier fürchterlich ist, das kann man nicht sagen.
Spannend war auch die Fahrt zu unserer Firma. Den Weg vom Hotel, glaubten wir zu kennen. Beide Gebäude standen auch am selben Ort. Nur der Weg, der hatte sich verändert. Da war so eine kleine Seitenstrasse, die wir immer nutzten. Nur war da plötzlich ein nagelneuer, riesiger Kreisverkehr und auf der anderen Seite eine breite Prachtstrasse, die uns sehr unvertraut war. Da muss man sich erst mal zurecht finden. Ein Einkaufszentrum mit so klangvollen Geschäftsnamen wie real, C&A oder Media Markt, stand da plötzlich herum. Und kurz vor dem Werk wieder das Problem. Strasse weg, dafür eine riesige Baustelle. Da kommt die neue Autobahn von der Slowakei vorbei, nicht direkt am Werk, die Autobahn umfährt Bielsko. Aber der Zubringer, der wird gerade gebaut. Auf Stelzen, direkt am Werk vorbei. Wenn das Werk schon nicht direkt an der Autobahn (oder wenigstens dem Zubringer) liegt, dann muss man halt Glück haben, dass die Autobahn zum Werk gebracht wird. Logistisch gesehen, sicher eine angenehme Situation. Aber bevor es besser wird, wird es natürlich erst mal schlimmer. Und in der Phase ist die Baustelle vor dem Werk im Moment.
Ein Abenteuer ist es immer wieder, hierherzukommen. Wegen den Flughäfen, wegen den Strassen und wegen den Veränderungen.
Könnte ich mir vorstellen, hier zu leben?
Nun, ich will es mal so sagen. Wenn man für eine Firma arbeiten darf, die einen in Europa reisen lässt (und vielleicht auch manchmal drüber hinaus), dann erweitert das den Blick ungemein. Und man lernt doch auch mal, dass es einem zu Hause gar nicht so schlecht geht.

2 Gedanken zu „Dienstreise nach Polen“

  1. Das mit den EU Geldern ist natürlich quatsch, denn diese Infrastrukturprojekte werden von der EU nur zur Hälfte Co-finanziert. Den Rest muß Polen schon alleine beisteuern. Außerdem steckt in jedem EURO, den Polen aus dem EU Topf bekommt nur ein kleiner Teil aus Deutschland, denn wir sind zwar der größte aber längst nicht der einzige Nettozahler in der EU. Pro Kopf zahlen wir also peaunuts nach Polen und bekommen dafür im Gegenzug lukrative Aufträge…

  2. Ich kann nur nach dem gehen, was auf den Schildern steht. Und da stand nun mal, dass die Strassen „mit EU Geldern“ finanziert werden. Da stand nix von ausschließlich, das hab ich auch nicht behauptet. Und ich hab auch nicht behauptet, dass Deutschland das ausschließlich finanziert. Allerdings ist der Teil für mich entscheidend, weil er aus Steuermitteln stammt.
    Und die luktrativen Aufträge, die wir kriegen, muss man mir erst noch zeigen. Bisher dienen die Strassen eher dazu, die Arbeit von uns weg nach Polen zu fahren. Bei uns in der Firma ist das jedenfalls durchaus so … die teuren Arbeitsplätze hier werden durch preiswertere im Osten ersetzt, dafür werden komplexere Arbeitsgänge mit wenig manuellem Input in Deutschland gemacht. In der Automobilindustrie, kann man sonst auch kaum überleben. Insofern ist es schon korrekt, dass wir irgendwo auch profitieren. In dem Fall aber sowieso nicht, weil das, was wir in Europa eventuell verdienen, in die USA wandert. Ist halt so bei einer amerikanischen Firma :-).

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