Frau Merkel ist der Meinung, dass die Deutschen alles richtig machen, die Griechen hingegen nicht. Wenn nun also die Griechen dem Euro auf den ersten Blick eher schaden, als nützen, dann sollen sie doch bitteschön den Euro verlassen.
Soweit, so falsch. Gesamtwirtschaftlich betrachtet, verhält es sich nämlich genau umgekehrt, nämlich dass Deutschland hier eigentlich das Problem ist. Wie kann das sein?
Das erklärt Jens Berger sehr schön in einem Artikel beim „Freitag“:
Jens Berger (Freitag): Liebe Nachbarn, wir zählen auf euch
Kurz gefasst geht die Argumentationskette so:
Da die deutschen zwischen 1995 und 2006 nur ca. 10% Gehaltswachstum zu verzeichnen haben, während gleichzeitig der Sektor der geringfügig Beschäftigten immer mehr im steigen begriffen ist und unsere Nachbarn im gleichen Zeitraum ihre Gehälter fast verdoppeln konnten, hat sich Deutschland zu so etwas wie einem Niedriglohnland entwickelt. Das verschafft uns zwar enorme Vorteile, weil wir dadurch nämlich unsere Waren im Ausland sehr günstig anbieten können. So erklärt sich auch der Exportüberschuss.
Unser Überschüss ist gleichzeitig aber auch das Defizit der anderen. Die kaufen die Waren nämlich nur, weil sie billiger sind, als ihre aus dem Inland. Was der Binnennachfrage aber eher schadet. In Deutschland wiederum, schaden die geringen Einkommen der Binnennachfrage mindestens genauso.
In einem Europa der verschiedenen Währungen, hätte man das Problem recht einfach lösen können. Die D-Mark wäre aufgewertet worden gegenüber der Drachme, diese in gleichem Masse abgewertet. Das hätte dazu geführt, dass Deutschlands Waren im Ausland teurer geworden wären, was den Überschuss abgemildert und die Auswirkungen des Problems deutlich minimiert hätte.
Durch den Euro ist das aber nun nicht mehr möglich. Da deutsche Unternehmer ja sofort zu kollabieren drohen, wenn man das Wort von der Lohnerhöhung in den Mund nimmt, scheint auch der Weg versperrt, die Löhne in Deutschland nach oben zu bringen, was die Waren nämlich ebenfalls verteuern würde. Und logischerweise auch die Binnennachfrage ankurbeln würde. Dementsprechend verhält sich hier eigentlich nicht Griechenland wie ein Schwein, sondern Deutschland. Und es wäre nur konsequent von den anderen Nationen in Europa, nicht Griechenland aus der Währungsunion zu befördern, sondern eben Deutschland. Dann kann man nämlich wieder gegenüber der guten, alten D-Mark mit Kursschwankungen dafür sorgen, dass solche Defizite und Überschüsse ausgeglichen werden können.
Eigentlich volkswirtschaftlich gesehen logisch. Aber vielleicht genau deswegen viel zu einfach. Der Artikel ist auch vor dem Hintergrund dieser Erläuterungen ungemein interessant. Zum Beispiel auch vor dem Hintergrund der Frage, wofür wir eigentlich seit Jahren den Gürtel enger schnallen sollen? Wir tun das letztendlich ja ohnehin nur, damit der Exportüberschuss bestehen bleibt. Der bringt aber dem einzelnen nichts, eher im Gegenteil.