Eigentlich ist es ja gar keine Frage mehr, denn der Ballack, der wird nicht bei der WM spielen. Aber da sein wird er. Zugucken und uns mit seiner Anwesenheit erfreuen, seine Kumpels auf dem Platz wenigstens moralisch unterstützen. Und das alles nur wegen einem FA-Cup Finale und der Kollision eines Knöchels mit einem Ghanaischen (oder Ghanesischen?) Bein. Ja, wäre nur nicht der Kevin-Prince gewesen, dann wäre der Knöchel vielleicht noch heile und wir würden Weltmeister werden.
So werden wir es halt nicht und wenn wir in der Vorrunde rausgekegelt werden, womöglich noch wegen einer Ghanaischen Aktion in Form verschiedener Tore gegen uns, dann haben wir ja wenigstens einen Grund – und einen Sündenbock, einen doppelten gar, denn natürlich ist die Nicht-Anwesenheit von Ballack genauso schlimm, wie das Foul, das der böse Kevin-Prince da begangen hat.
Erstaunlich, wie man doch von jemandem abhängen kann. Und man muss ja schon auch mal ehrlich sein. Wenn der Michael Ballack nicht dabei ist und wir deswegen verlieren – dann verlieren wir vollkommen zurecht. Wenn nur ein einzelner Spieler dafür verantwortlich ist, dass wir gewinnen, dann ist es um die Stärke der Mannschaft – denn Fussball ist, entgegen anderslautender Gerüchte, immer noch ein Mannschaftssport – wohl nicht so wirklich toll bestellt.
Alternativ könnte man ja auch hoffen, dass nach dem Aus für Ballack nun ein gewisser Schweinsteiger eingreifen kann, der ja eine tolle Saison gespielt hat. Oft ist der Ausfall eines solchen „Hoffnungsträgers“ ja gerade geeignet, um die wahren Helden wachzurütteln. Insofern ist vielleicht doch noch nicht alles verloren. Und wenn doch – naja, die Ausrede Begründung wurde ja glücklicherweise bereits vom Schicksal geliefert.
Was auch immer uns erwartet – an der Tatsache, dass wir bei der WM sind, hat sich nichts geändert. Und unsere Chancen, den Titel zu holen, sind so gut oder schlecht wie vorher. Denn bei einem solchen Turnier, hängt es nicht in erster Linie davon ab, ob ein einzelner Spieler einen kaputten Knöchel hat, oder nicht, sondern von der Mannschaft als solches. Und wenn man schon keine großen Stars hat, dann hat man vielleicht wenigstens eine homogene Mannschaft, die den nötigen Biss mitbringt. Schließlich haben uns ja die Brasilianer, aber auch andere, schon bewiesen, dass nur die Anwesenheit von Stars auf den Platz noch lange keinen Weltmeister macht.
Abgesehen von der Knöchel-Frage, fällt aber schon eines auf: Ob man nun, in Zeiten, in denen ja eine Krise die andere jagt und es uns allen doch graduell immer schlechter zu gehen droht, wirklich das komplette Fernsehprogramm umstellen muss, um Sondersendungen reinzubringen, die den „Knöchel der Nation“ beweinen, das ist schon reichlich fragwürdig. Und ob ausgerechnet die Haus- und Hofberichterstatter der Nationalmannschaft, nämlich ARD und ZDF, sich auf ein solches Spiel einlassen sollten, ist mehr als fragwürdig. Das sollte man eventuell doch lieber Sendern wie Sport1 überlassen, die ja in dieser Hinsicht eher ein Profil haben. Sport ist wichtig und gerade in schwierigen Zeiten sollte man seinen Einfluss gar nicht unterschätzen, das hat ja auch das „Sommermärchen“ 2006 bewiesen. Aber die Kirche sollte man meiner Meinung nach schon noch im Dorf lassen.
Sehr schön pointiert auf den Punkt gebracht, hat das auch Roberto J. De Lapuente in seinem Blog „Ad Sinistram“:
Roberto J. De Lapuente: Die schlimmste aller möglichen Krisen
Natürlich ist es für Ballack, gerade in den vier Wochen, in denen die WM in Südafrika läuft, nicht spielen zu können, schon eine persönliche Tragödie. Und man mag mit ihm fühlen, ihn bedauern, auch wenn ihm das nicht hilft, ihm trotzdem das Beste wünschen – und vielleicht auch, dass er in vier Jahren, in Brasilien, noch einmal eingreifen kann. Trotzdem bleibt fragwürdig, wie mit diesem Ereignis dieser Tage medial umgegangen wird. Und das ist doch eigentlich schade, denn die WM ist wie immer eine freudig begrüßte Ablenkung, die oft mehr verbindet, als man denkt. Und sollte dem entsprechend auch gewürdigt werden.