Angst und Aktionismus

Man merkt ganz deutlich, welches Erdbeben der Öko-Ruck im Ländle auszulösen beginnt. Bis vor der Wahl hatte man noch sehr das Gefühl, dass die Bekenntnisse der Regierung bezüglich eines Moratoriums lediglich Lippenbekenntnisse waren. Das ändert sich jetzt, denn den Tritt in den Hintern, hatte man von der konservativen Wählerschaft im Süden der Republik nun doch nicht erwartet. Dass es sogar soweit kommen würde, dass es nun Aussicht auf einen Grünen Ministerpräsidenten gibt, war dann wohl endgültig das Signal zum Aufbruch an die verschlafene Politikerriege in Berlin.

Dabei ist klar, dass jetzt erst mal der interne Machtpoker beginnt. Wenn man nicht einsehen will, dass die eigene Zeit abgelaufen ist, klammert man halt ein wenig und lässt einfach nicht los. Aber so tief, wie der Karren jetzt im Dreck steckt, kann man langsam schon erkennen, dass die Geschichte eine Eigendynamik bekommt. Ob der Westerwelle nun einsehen mag, oder nicht, dass seine angestaubte Nicht-Politik Grund für den Schlamassel ist, das muss er selbst entscheiden. Aber ob er auf Dauer bestehen kann, das muss man nach diesem historischen Wochenende wohl eher bezweifeln.

Die FDP verliert also in zwei Landtagen deutlich, in einem ist sie gar nicht mehr vertreten. Und das nicht irgendwo, wo sie ohnehin keine starke Position haben, sondern in zwei Ländern, in denen sie traditionell eigentlich keine Sorgen wegen einem Einzug in den Landtag haben müssten. Natürlich wittert die CDU, dass das Verantwortung der ehemals Liberalen und heutigen Klientelpartei ist. Schließlich hat sie kaum verloren in den beiden Wahlen, in der von Rheinland-Pfalz sogar eher noch zugelegt. Aber das war sicher nicht ihrem Kurswechsel zu verdanken, denn die eigentlichen Gewinner in beiden Fällen waren nun einmal die Grünen. Und ob diese Wahl nun wirklich nur dem Unfall in Japan geschuldet ist, was man zumindest annehmen muss, das wird die Zukunft zeigen. Historisch belegt ist jedenfalls, dass ein solcher Atomschock eine Weile vorhält.

Die CDU zieht bereits Konsequenzen daraus und plant den Ausstieg nun nicht mehr nur zur Tarnung. Und weil die FDP nicht nur aus trägen Gesellen besteht, zieht sie nach mit Christian Lindner an der Spitze. Plötzlich will man die Ideen der rot-grünen Bundesregierung aus dem Jahr 2000 umsetzen, erwacht aus lanjährigem Dornröschenschlaf. Da hat der seelige CSU-Vorsitzende Franz-Josef Strauß dann ja wohl doch noch recht gehabt, als er meinte, die Atomstrahlung schade nicht und könne allenfalls dafür sorgen, dass die Grünen schlauer werden. Jetzt sind es halt nicht die Grünen gewesen, die schlauer wurden, sondern die anderen. 

Dazu hat man ja doch gute Argumente auf der Seite. Neben dem Effekt, dass hier eine Technologie, die sich als unzuverlässig erwiesen hat, nicht mehr verwendet werden soll, kann man sich so wieder an die Weltspitze im Bereich umweltfreundlicher Technologien setzen, wie es rot-grün schon einmal vorgemacht hat. Und bereits heute sind über 300.000 Menschen in diesem Zweig der Industrie beschäftigt. Die Atomkraft kann da nicht mithalten. Vielleicht sollten die auch auf Arbeitsplätze erpichten Liberalen genauso, wie die CDU, daran mal denken. Unterm Strich hilft uns diese neue Technologie viel mehr, auch wenn die Stromkonzerne dann erst mal Verluste einfahren werden. Auf lange Sicht, wird sich das aber rechnen, denn man wird schnell das modernste Netz umweltfreundlicher Energieerzeugung aufweisen können und kann sich auch Lösungen ausdenken, wie Lücken in der Stromerzeugung abgefangen werden können. Diese Lösungen helfen dann wiederum dem Export auf die Sprünge und Deutschland kann sich neuerlich als Land der Hochtechnologie positionieren. Diese Argumentation sollte eigentlich auch auf Wirtschaft ausgerichtetes Denken ansprechen.

Dass die Atomkraft von heute auf morgen Geschichte ist, das wird jedenfalls nicht passieren. Erst einmal müssen wir in der Lage sein, mit einem ökologisch verträglichen Energiemix auch wirklich zuverlässig Strom zur Verfügung zu stellen, ohne dass wir in Phasen, in denen Sonne und Wind nicht auftreten, ohne Strom dastehen.

Das ist aber sicher lösbar. Schön ist, dass wir in eine neue Zukunft blicken und das vielleicht schönste daran, dass dieser Super-GAU in Japan die politikverdrossenen Deutschen (und da muss ich mich eindeutig dazurechnen) aus ihrer Lethargie erweckt hat. Die Wahlbeteiligung jedenfalls, hat vor allem den großen Parteien geschadet. Da hat man sehr schön gesehen, wie die Legitimation unserer Regierenden doch auf eigentlich tönernen Füßen steht.

Es bleibt jedenfalls erst mal spannend.