Senna, der Formel 1 Gott

Nach dem Unfall von Felipe Massa ist es irgendwie wieder greifbar, das Entsetzen, das vor 15 Jahren in der Formel 1 Einzug hielt. Seit dem Horror-Wochenende von Imola, ist ja nichts mehr passiert in der Formel 1 und da ruht man sich gerne aus, bis man wieder daran erinnert wird, dass das Grauen immer mit fährt. Ein Sport wie die Formel 1 ist natürlich gefährlich, aber einen Teil der Faszination macht genau diese Gefahr auch aus.

Am 1. Mai jährte sich der Todestag des vielleicht größten Formel 1 Fahrers aller Zeit zum fünfzehnten Mal. Und nur wenige Monate danach hat Massa diesen Unfall und Michael Schumacher steigt wieder in die Formel 1 ein. Große Freude für mich, war ich doch immer ein Fan des Kerpeners. Die lebende Legende noch einmal fahren zu sehen, das ist schon eine Gnade, die einem da zuteil wird. In etwa vergleichbar mit Henry Maskes Comebach nach zehn Jahren, das einem auch wohlige Schauer über den Rücken jagte, auch wenn man kein Box-Fan ist.

Der erste Kommentar meiner (brasilianischen) Frau, als sie die Nachricht von Schumachers Rückkehr von mir erfuhr war: „Wenn Senna noch leben würde …“. In diesen wenigen Worten kommt viel von dem zum Ausdruck, was ein brasilianischer Kommentator bereits damals geschrieben hat. „Sonntags Vormittags, alle vierzehn Tage, siegte Senna in unseren Wohnzimmern. Am Vormittag des ersten Mai starb er dort vor unser aller Augen.“ Das Rennen danach war jedenfalls nicht mehr wichtig. Weiß überhaupt noch jemand, wer auf dem Treppchen war? Nachdem am Freitag bereits Rubens Barrichelo sich bei einem schweren Unfall schwer verletzte und am Samstag Roland Ratzenberger an einer Begrenzungsmauer sein Genick brach, war der sportliche Wert dieses Wochenendes ohnehin gleich null. Die Bilanz in jedem Fall katastrophal.

Am 5. Mai, am Tage seiner Beerdigung auf dem Morumbi-Friedhof, säumte fast eine Million Menschen die Strassen und gab dem vielleicht größten Brasilianer das letzte Geleit. Seither lebt er weiter in den Herzen dieser Nation. Symbolisch bereits am Tage seiner Beerdigung an den Himmel gemalt, mit Flugzeugen, die zuerst ein Herz in den Himmel zeichneten und dann das Senna-S dort in das Herz hinein. So zeigen die Brasilianer, wie sie empfinden. Bis heute.

Es muss einen auch nicht wundern, denn damals hatte Brasilien gerade eine harte Zeit durchzumachen. Die Inflation war enorm, Korruption ein allgegenwärtiges Übel, der Drogenhandel beherrschte die großen Städte. Da war Ayrton Senna so etwas wie eine Lichtgestalt, ein Gott, der allen ein neues Selbstbewusstsein gegeben hat.

Und dann so ein unerwartetes Ende. So werden Legenden erst geboren.

Am 23. August, beim nächsten Rennen in Valencia, wird der damalige neue Stern am Formel 1 Himmel, Michael Schumacher, sein Comeback feiern. Seien wir froh, dass wir ihn noch haben, unseren großen Formel 1 Helden.

Ayrton Senna jedenfalls, werden wir wohl nicht so schnell vergessen.

Quelle: http://einestages.spiegel.de/static/authoralbumbackground/4041/das_ende_einer_gottheit.html