Joao Ubaldo Ribeiro: Ein Brasilianer in Berlin

Darum geht’s:

Ribeiro war Anfang der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts für etwas mehr als ein Jahr mit einem Stipendium des DAAD in Berlin, wo er unter anderem auch als Journalist tätig war. Seine in dieser Zeit entstandenen Kolumnen für diverse Zeitungen, sind Gegenstand dieses Buches, außerdem ein Text, in dem Ribeiro über seine Kindheit in Brasilien in einem Haus voller Bücher berichtet. Ein Haus, dessen Wände zu leben begannen, nachdem er gelernt hatte, zu lesen.

Abgesehen von diesem interessanten Schlussteil, handelt das Buch von Ribeiros Erfahrungen in Deutschland. Heiter und ironisch, schildert Ribeiro, wie er so seine liebe Mühe mit den deutschen hatte und was der Alltag so alles an Tücken bereithalten kann in einem fremden Land und natürlich ganz besonders in Deutschland. Da ist zum Beispiel die Rede vom Frankfurter Flughafen, auf dem der Autor mit seiner Familie ankommt. Seine Tochter stellt die Theorie auf, dass Deutschland größer sein muss, als Brasilien. Als Ribeiro das verneint meint sie, mindestens der Flughafen müsse aber größer sein, und da meint Ribeiro dann doch, das könne sehr gut sein.

Auch die deutsche Sprache stellt ihn vor Probleme, vor allem am Anfang, und er macht Erfahrungen, wie deutsche mit Menschen umgehen, die nicht gut deutsch sprechen. Oder wie ein Brasilianer, der aus einer Großstadt stammt, mit dem Verkehr in Deutschland umgeht. Und dort vor allem mit Radfahrern so seine Probleme hat.

Ein heiter und leicht geschriebenes Buch ist die Geschichte des Brasilianers in Berlin. Und ein durchaus erschreckendes Buch, wenn man sich selbst durch die Augen eines Brasilianers betrachtet sieht. Ribeiro hat schon Recht, wenn er über die Unfähigkeit der Deutschen redet, mit Leuten umzugehen, die deutsch noch nicht so gut verstehen. Meine Erfahrungen in Brasilien waren da genau umgekehrt. Ein Deutscher, selbst wenn er nicht sonderlich gut portugiesisch kann, wird dort eher bewundert ob seiner Fähigkeit und seinem Mut, in einer fremden Sprache am sozialen Leben der dortigen Bevölkerung teilnehmen zu wollen. Hier in Deutschland, scheint das genau umgekehrt zu sein. Man fühlt sich eher gestört, fordert einerseits, dass die Ausländer doch gefälligst deutsch lernen wollen, erwartet aber andererseits, dass sie es bereits perfekt können müssen und gestattet ihnen keine Fehler.

Sind wir deutschen wirklich so schlimm?

Wenigstens scheint es so, als hätte Ribeiro sich trotzdem gut mit den Deutschen angefreundet. Das immerhin muss man bewundern und natürlich sind auch nicht alle so, nur jemand, der fremd in ein Land einreist und gleich entsprechend negative Erfahrungen macht, selbst wenn es nur mit einer Minderheit an Leuten ist, für den muss es nicht selbstverständlich sein, sich dort trotzdem wohl zu fühlen. Insofern kann man Ribeiro nur dankbar sein, dass er uns ein klein wenig den Spiegel vorhält und Augenzwinkernd deutsche Untugenden vorführt.

Ein tolles Buch, das nachdenklich macht. Unbedingt lesenswert.

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