Gebührenfinanziertes Fernsehen

http://www.zeit.de/2010/31/Oeffentliche-Anstalten?page=all

Warum werden die öffentlich-rechtlichen eigentlich durch Gebühren finanziert? Das fragt man sich schon seit Jahren und hätte es gerne abgestellt. Zumindest gewisse Medien, die nicht davon profitieren, würden das schon gerne so sehen. Aber wenn man sich dies Frage stellt, sollte man schon auch fragen, wie es überhaupt so weit gekommen ist. Warum ist die Quote das Maß aller Dinge? Warum findet Kultur in den beiden wichtigsten Medien nicht mehr statt? Ja, selbst dass es keine Sendungen mehr gibt, die für Kinder sind, wird bereits kritisiert und gleichzeitig auch, dass es einen Kanal wie Kika gibt, weil der ja nun kein Feigenblatt sein soll, das Kinderfernsehen aus den öffentlich-rechtlichen Hauptsender herauszuhalten.

Aber es ist doch so, dass die öffentlich-rechtlichen zuerst da waren. ARD war zuerst, dann kam das ZDF und die Dritten im Laufe der Zeit auch immer mehr, um die regionale Komponenten zu stärken. Und in diesen Zeiten bereits, legte der Gesetzgeber fest, dass es eine Konkurrenzsituation geben möge und sich ARD und ZDF wie zwei gegnerische Unternehmen begegnen müssten.

Schließlich hat man noch erweitert auf ein sogenanntes duales System, in dem auch private Programme erlaubt sind. Programme also, die sich über Werbung finanzieren, nicht aber über die Fernsehgebühren. Und so kam es zu der Situation, die wir heute haben.

Die Quoten haben nicht die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten erfunden, nein, das waren die Privaten. Und sie haben das getan, um messen zu können, wie erfolgreich sie denn in diesem dualen System arbeiten. Das hat eine Zeitlang geklappt, aber heute geht das auch immer mal wieder schief und so richtig bekommt man die Anstalten wie ARD und ZDF wohl nicht klein. Also lässt man nichts unversucht, um ihnen zu verbieten, ihr Programm zu machen. Als gäbe es Kompetenzen, die nur den privaten zustehen und öffentlich-rechtliche Anstalten nicht beackern dürfen.

Aber selbst die Rechsprechung hat bereits festgestellt, wo der Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Anstalten endet. Er endet genau genommen nämlich überhaupt nicht. Denn, so die Rechtsprechung, man kann eben gerade nicht davon ausgehen, dass die privaten Anbieter wirklich in der Lage sind, hier ein dauerhaftes und ausreichendes Angebot zu schaffen. Also gab man den Anstalten entsprechend freie Hand. Das kann nun aber den privaten Anbietern nicht gefallen.

Und jetzt gibt es dazu noch ein neues Feld, an dem man sich reiben kann. Die öffentlich-rechtlichen sind auch im Internet präsent. Und da womöglich sogar besser, als die privaten „Qualitätsmedien“. Schrecklicher Gedanke, wenn man auf Seiten der privaten steht. Und natürlich auch für Zeitungen, die das Internet gerade so mehr oder weniger als Geschäftsmodell entdecken, aber gerne hätten, dass es so ausgestaltet wird, dass sie dort ungestört arbeiten können.

Und dabei merken die alle gar nicht, wie sehr sie eigentlich den Gedanken eines freien Marktes widersprechen, den sie doch so vehement verfechten. Denn ein freier Markt setzt natürlich voraus, dass er für alle frei ist. Und die Modelle, wie sich die einzelnen Anbieter finanzieren, die dürfen da schon unterschiedlich sein.

Natürlich ist das Argument, dass über die sehr hohen Gebühren ARD und ZDF eine ungeheure Marktmacht haben, nicht von der Hand zu weisen. Und insofern ist es auch korrekt, dass hier eine gewisse Regulierung stattfindet. Aber gerade die privaten Medien beweisen doch beständig, dass sie eigentlich tatsächlich nicht in der Lage sind, einem Auftrag zur Grundversorgung nachzukommen. Sehr schön sieht man das zum Beispiel an den beiden Nachrichtenkanälen n-tv und N24. Als reine Nachrichtensender gestartet, sind sie heute zu Abspielstationen von Dokumentationen verkommen. Allenfalls schaltet man mal bei wirklich aktuellen Ereignissen von Informationsband auf Livebilder um, aber nur, wenn sie auch wirklich spektakulär genug sind und dementsprechend „Quote“ versprechen. Wie zum Beispiel bei der Loveparade, wo man verstörten Menschen das Mikrofon direkt ins Gesicht gerammt hat und sich dem Thema beständig irgendwie nähern wollte, was den Opfern der Tragödie offenkundig vollkommen egal war.

Aber auf der anderen Seite tut man alles, um den öffentlich-rechtlichen einen eigenen Nachrichtenkanal zu verbieten. Warum eigentlich? Dass es die privaten nicht gebacken kriegen, ist doch zu offensichtlich und genau dafür gibt es doch die Möglichkeiten mit den Spartenkanälen. Wozu denn sonst? Nicht nur ein Nachrichtenkanal fehlt an dieser Stelle, sondern meiner Meinung nach auch einer für Sport. Denn an den Privaten sieht man sehr schön, wie der Sport von ihnen kaputt gesendet wird. Und dabei meine ich noch nicht mal ein Formel 1 Rennen, das von Werbung unterbrochen wird. Nein, als Beispiel viel eher tauglich, ist das Skispringen. Eine interessante Sportart, die von RTL mit ihren Megaübertragungen der Vier-Schanzen-Tournee „Fernsehtauglich“ gemacht wurde. Soll heißen, für ein Werbeorientiertes Format tauglich. Prompt haben das die öffentlich-rechtlichen auch so übernommen, mit dem Erfolg, dass man die Übertragungen vom Skispringen eigentlich nur noch bei den kleinen Events anschauen kann. Möge man doch bitte verhüten, dass es dem Biathlon ebenso ergehe. Oder gar den olympischen Spielen. Und bei der Fußball-WM hat man es auch schön gesehen. Wie zum einen die öffentlich-rechtlichen hier versuchen, die besseren privaten zu sein, und zum anderen RTL die Spiele vollends zum „Event“ verkommen lassen wollte. Mit einem zwar durchaus hervorragenden Jürgen Klopp in der Analyse, aber eben auch mit vollkommen unnötigem Tam-Tam vor und nach den Übertragungen.

Auch die Argumentation, dass die Existenz von Sendern wie arte oder dem Theaterkanal irgendetwas beweisen würde, erschließt sich mir nicht. Es ist doch eigentlich gerade ein gutes Zeichen, wenn man die Möglichkeiten von Spartensendern zu nutzen versteht. Es gibt im Bereich der Kultur deren gleich drei, nämlich neben arte und dem Theaterkanal auch noch 3Sat. Zu verlangen, dass die Kultur wieder „in die Mitte“ zurück muss und gleichzeitig zu verlangen, dass die öffentlich-rechtlichen hier in der Pflicht wären, genau das zu tun, indem sie ARD und ZDF wieder entsprechend Kulturtauglich machen, ist vollkommen unverständlich. Beide waren doch auch früher nicht in erster Linie Kulturträger. Wer erinnert sich nicht an solche Sendungen wie „Western von Gestern“, Dick und doof, wirklich gute Samstagabend Unterhaltung, Serien wie „Ein Colt für alle Fälle“ oder „Trio mit vier Fäusten“? Das schöne an den Sendern, bevor es die Privaten gab, war doch eigentlich gerade die Tatsache, dass dort alles stattfand. Und was man da nie gesehen hat, waren Daily Soaps wie „Verbotene Liebe“ oder das heute vielfach als „Hartz IV“-Fernsehen verspottete Erscheinungsbild, das viele der privaten heute abgeben, wenn sie in ihren Talkshows mal wieder Menschen vorführen, die sich nicht dagegen wehren können. Das ist der eigentliche Skandal, nicht die Tatsache, dass die öffentlich-rechtlichen hier auch mitmischen wollen.

Die Quotensucht der öffentlich-rechtlichen jedenfalls, hängt ursächlich mit der Existenz der Privaten zusammen. Diese haben, natürlich zu Recht, auch nach einem Profil gesucht. Und es eben gefunden, indem sie Fernsehen für die Massen machen. Dabei haben sie den öffentlich-rechtlichen nicht nur die amerikanischen Serien und Filme weggenommen, sondern auch gleichzeitig noch einen Markt für Eigenproduktionen geschaffen, in dem Doku-Soaps, Talkshows und Castingshows immer mehr die Oberhand gewinnen. Das brauchen die öffentlich-rechtlichen natürlich nicht nachzumachen. Aber andererseits bleibt ihnen ja fast nichts anderes mehr übrig. Zu glauben, dass ein Versenden von Kultur bei ARD und ZDF automatisch dafür sorgen würde, dass die Menschen wieder Kulturbegeisterter werden, ist doch grenzenlos naiv. Es würde viel eher dafür sorgen, dass noch mehr zu den Privaten abwandern und sich konsequent weiter verdummen lassen. Und ARD und ZDF in einer gewissen Bedeutungslosigkeit versinken.

Aber vermutlich wäre das genau das Richtige für die Berichterstatter, die dann natürlich Beifall klatschend den Untergang bejubeln würden. Hoffentlich kommt es nicht so weit.