Amazon Kindle

Ein Lesegerät, das der einstige Online-Buchhändler, der heute eher ein Online-Komplettanbieter ist, auf den Markt gebracht hat, hat im Laufe diesen Jahres geschafft, was viele davor versucht haben. Mich zu überzeugen, dass ich auch mal so was nutzen sollte. Ich liebe Bücher und das wird sicher auch noch lange so bleiben. Dieses Lesegerät wird es wohl auch kaum schaffen, ein Ersatz für ein Buch zu sein, aber er hat ohne jeden Zweifel seine Stärken und je nachdem, was man sucht, wird man bei einem solchen Lesegerät nun auch fündig.

Das ist hier keine Werbeveranstaltung, sondern ein Erfahrungsbericht. Deswegen rein subjektiv, ohne Marketing, erst mal die „Features“ des Geräts, also die Dinge, die ihn von vielen anderen Readern, wenn auch nicht von allen, abheben.

Ausstattung

Zunächst mal ist da sein Display. Sogenanntes eInk tut so, als wäre es wirkliches bedrucktes Papier, was es natürlich nicht ist. Es ist immer noch ein Bildschirm, allerdings einer mit besonderen Eigenschaften. Wer schon mal versucht hat, auf einem iPad am Strand zu lesen, der weiß, dass das fast unmöglich ist. Selbst ein normales Laptop nervt da oft genug, weil es eher zum Schminkspiegel wird als zu einem Gerät, auf dem man tatsächlich Inhalte erkennen kann. Das Display des Kindle ist darauf ausgelegt, auch und gerade bei Sonne zu funktionieren. Es benötigt eine externe Lichtquelle, es leuchtet nicht wie ein iphone oder früher mal ein Palm von selbst. Das ist kein Nachteil, wenn ich ein Buch lese, dann habe ich ja auch keine Lichtquelle aus dem Buch heraus, sondern immer nur von außen. Ein Schritt also, der einen eReader dem richtigen Buch näher bringt.
4 Gigabyte Speicherplatz hat amazon dem Gerät, das ich mir geholt habe, spendiert. Es gibt verschiedene Varianten, als ich zugeschlagen habe, genau zwei. Eine davon nur mit WLan, eine zweite hat eine integrierte SIM-Karte, mit der man den amazon-shop kostenlos von überall, wo man Handyempfang hat, besuchen kann. Das ist auch der wahre Sinn dieses features, einen möglichst ungehinderten Zugang in den Shop von Amazon zu gewähren und alles jederzeit kaufen zu können. Damit das funktioniert, muss man die 1-click Bestellungen aktiviert haben. Und das nervt schon ein wenig, denn das kaufen von Büchern wird so fast zu leicht. Die Kontrolle über seine Einkäufe muss man immer noch selbst behalten.

Mir persönlich reicht die Variante per WLan, aufgeladen wird das Gerät in der Regel zu Hause. Und von unterwegs kann man auch noch per USB neue Bücher auf den Reader packen.

Beide Varianten verfügen über eine vollwertige Tastatur. Da es sich aber um die original amerikanischen Geräte handelt, mit einer Qwerty-Tastatur (englisches Layout). Auch die Menüführung ist englisch, das erweist sich in der Praxis allerdings kaum als Hindernis. Wenn man die Menüpunkte einmal verstanden hat, dann passt das schon. Mit 149 Euro war die Variante mit WLAN auch deutlich billiger, als die mit der Sim-Karte, die immerhin mit 189 Euro zu Buche schlug.

Die Preise sind allerdings gefallen. Drei Varianten gibt es inzwischen, wobei davon nur zwei in Deutschland zu kriegen sind. Der mit der Tastatur hört jetzt auf den Namen „kindle keyboard 3G“ und der Name verrät auch schon, dass es sich um den mit der Sim-Karte handelt. WLan geht bei dem auch, aber es gibt keine Variante mehr, die nur WLan hat. Kostenpunkt: 159 Euro, also immerhin deutlich preiswerter, als noch vor einem Jahr.
Dazu gibt es jetzt noch eine Variante ohne Keayboard, die mit 99 Euro zu den preiswertesten eReadern auf dem Markt gehört. Der hat allerdings nur 2 Gigabyte Speicher und verzichtet auf die Tastatur. Um sich mit dem WLan zu verbinden, muss man in der Regel einen langen Key eingeben. Ich möchte nicht wissen, wie das ohne Tastatur funktioniert. Auch Kommentare und Hinweise zu den gelesenen Texten sind möglich, aber mit der Tastatur sicher komfortabler zu realisieren.

Alternativen und Formate

Natürlich gibt es jede Menge Alternativen. Sicher interessant wird die Konkurrenz aus Kanada, die sich zu formieren beginnt. Kobo heißt der Reader, der dazu auch gleich einen umfangreichen Shop voller ebooks mitbringt. Schon länger gibt es den Sony eReader, der ebenfalls mit dem eInk Display glänzt, aber wesentlich teurer ist. Im Gegensatz dazu, soll der Kobo tatsächlich in der Preiskategorie des kindle liegen. Letztendlich muss jeder wissen, was er will. Amazon setzt auf ein proprietäres Format und unterstützt epub derzeit nicht, der Sony hingegen unterstützt es zwar, aber die DRM-Variante, die dort im Einsatz ist, kommt mir persönlich recht umständlich vor. Ich hab das Ding allerdings noch nicht genutzt, kann deswegen recht wenig dazu sagen. Dazu kommt, dass ich selbst wenig von DRM halte. Wenn in ein paar Jahren mal wieder das DRM-Verfahren eingestampft und ein neues entwickelt wird, wird es interessant sein, zu sehen, wie man die User mit ihrem Lesestoff versorgt. Vielleicht so, wie Microsoft vor ein paar Jahren im Musikbereich: Dass man das Tool zum Knacken der Dateien und nicht-drm-geschützten Abspeichern gleich selbst zum Download anbietet …

Man muss allerdings dazusagen, dass der Rechteinhaber selbst in der Hand hat, ob er seine Dateien mit oder ohne DRM anbietet. Und die reine Existenz von DRM spricht dementsprechend auch nicht für oder gegen eines der Lesegeräte, denn wenn sich ein Anbieter dafür entscheidet, dann tut er das in der Regel über alle Plattformen hinweg.
Es gibt aber auch Ausnahmen. Wie schon erwähnt, habe ich die bisher vier erschienenen PR Neo Romane auf dem kindle gelesen und die sind über den amazon-shop sehr wohl DRM geschützt. Ich habe sie mir aber bei beam ebooks geholt, wo sie ohne DRM im epub-Format angeboten werden. Das kann der kindle zwar nicht lesen, es gibt aber legale Möglichkeiten, Dateien, die nicht DRM geschützt sind, umzuformatieren, z.B. mit einer Software namens Calibre, die den Upload bei gleichzeitiger Umwandlung unterstützt. So habe ich die Dateien dann auch auf den kindle bekommen und einmal hochgeladen, gibt es keinen Unterschied zum Original.

Man sieht aber schon an dem langen Text, dass das Thema seine Tücken hat. Ich hab da eine einfache Meinung: Das Desaster der Musikindustrie mit DRM und überteuerten Dateien, die man einfach mit entsprechenden illegalen Downloads unterwandert hat, was wiederum zu DRM-freien legalen Dateien geführt hat und dazu, dass man die Verfahren so vereinfacht hat, dass die illegalen Downloads kaum noch was bringen, hat ja schon deutlich gezeigt, wie es funktionieren sollte. Die Verlage und ebook-Hersteller sollten insofern nicht den gleichen Fehler machen, sondern von vorneherein ein einfaches und transparentes Verfahren entwickeln. Das ist mit dem kindle auch durchaus ein Stück weit gelungen, allerdings  nur, wenn man mit dem DRM leben kann. Wer das nicht will, der hat legale Alternativen, die aber mit mehr Aufwand verbunden sind.

Tolle Features

Für mich kommt es eindeutig darauf an, ob ich das Buch längerfristig archivieren will, oder mir ein einmaliges Lesen reicht. Denn auch die ebooks von Amazon haben, trotz DRM, ihre Vorteile. Kaufe ich mir ein Buch, liegt es in der „Cloud“, also auf dem Server bei Amazon, in meinem Konto. Ich lade es mir nun auf meine Kindle (drahtlos per Amazon Whispernet) und lese darin. Am Schluss synchronisiere ich einfach mit meinem Konto bei amazon, sobald ich wieder am WLan bin. Nehme ich nun ein ipad zur Hand und hole mir die kindle-app da drauf, synchronisiert auch diese mit dem Online-Konto. Buchzeichen und Anmerkungen werden so auf allen Plattformen, für die eine App verfügbar ist, synchron gehalten. Das macht das Lesen auf mehreren Plattformen bequem.

Handhabung und praktischer Einsatz

So, und jetzt zum praktischen: Wie liest es sich auf dem Teil nun eigentlich? Ich finde, ganz gut. Die Augen werden auch nicht mehr angestrengt, als bei einem normalen Buch. Eine externe Lichtquelle ist nötig, das stimmt, ist aber für mich kein Nachteil. Im strahlenden Sonnenschein kann man ohne weiteres lesen. Besonders eignet sich das elektronische Buch natürlich für unterwegs. Eine Datei der PR-Neo Reihe hat weniger als 1 MB, was bei 4 Gigabyte Speicher bedeutet, dass jede Menge von den Dingern draufpassen, und natürlich nicht nur die. Man kann eine ganze Bücherei mitschleppen, so geht einem der Lesestoff nie aus, und von schleppen kann ohnehin keine Rede sein, denn der Reader ist federleicht, leichter sogar, als manches Taschenbuch. Da kann selbst der dickste Wälzer nicht zum Gewichtsproblem werden.

Vor- und zurückblättern passiert flüssig über Tasten am linken und rechten Rand des Gehäuses (die untere Taste zum Vorblättern ist dabei deutlich länger), wenn auch nicht unmittelbar. Es hält den Lesefluss aber zumindest nicht auf und ist somit ok.

Was mich persönlich stört ist, dass das Leseerlebnis schon ein wenig anders ist. Wenn ich ein Buch in der Hand halte, habe ich ein Gefühl für den Umfang dessen, was ich schon gelesen habe, und noch lesen kann. Ich kann auch mal ein paar Seiten vorblättern (mit dem Finger auf der aktuellen Seite) um mal zu gucken, wie lang das Kapitel noch geht (so sind halt nun mal individuelle Lesegewohnheiten). Auf dem kindle ist das nicht so einfach. Vorblättern geht ja noch, aber man muss ja auch wieder zurück. Am Besten setzt man sich ein Lesezeichen und springt dann über das Menü zu diesem zurück.

Unten auf der Seite gibt es einen Balken, der einem den Fortschritt anzeigt. Aber nur der Balken bringt es auch nicht, da ich einer Angabe wie „25%“ ja auch nur ansehe, dass ich ein Viertel der Datei gelesen habe. Aber halt nicht, wie groß der Umfang ist. Ein Viertel von 100 Seiten ist halt doch was anderes, als ein Viertel von 800 Seiten … Und einer der großen Nachteile ist für mich, dass die Seitenzahl nicht automatisch eingeblendet ist.

Während man liest, ist nur der Text und der Fortschrittsbalken mit der Prozentangabe unten da, keine Batterieanzeige und auch sonst nichts. Die Information, auf Seite wie viel von wie vielen insgesamt, erscheint erst, wenn man auf „Menü“ drückt, das klappt dann aber auch gleichzeitig das Menü selbst auf, das die Seite dann verdeckt.

Übrigens Akkulaufzeit – die ist wirklich phänomenal. Durch das eInk braucht der Reader eigentlich nur dann Strom, wenn geblättert wird. Das reine Anzeigen ist mit so gut wie fast gar keinem Strom möglich (ein klein wenig Verlust hat man natürlich immer). Das hat mich anfangs irritiert, denn der Kindle schaltet nicht ab, wie man das von einem ipad oder iphone kennt. Er zeigt einfach nur mit der Zeit ein anderes Bild an, wie einen Bildschirmschoner.

Und noch eine tolle Sache: Wenn man schon recht volle Bücherregale hat, dann ist so ein kindle natürlich ein Segen, kann man doch Bücher lesen, ohne dafür mehr Platz auf dem Regal zu benötigen.

ebooks und anderes Lesematerial

Und das bringt mich dann zu den Inhalten. Wie schon erwähnt, kann man sich Dateien über den kindle-shop auf der Website des Anbieters holen. Da gibt es Romane  und Serien (wie Perry Rhodan) aber auch Abonnements von Zeitschriften. Aus deutschen Landen gibt es da immerhin schon Zeitungen wie die Süddeutsche oder die FAZ oder auch die Wirtschaftswoche. Das Abo ist recht einfach – einmal im Monat zahlen, die ersten vierzehn Tage sind in der Regel als Schnupperabo umsonst. Danach kriegt man die neue Datei bei Erscheinen über „amazon whispernet“ zur Verfügung gestellt. Das ist ein Service, der neu gekaufte und neu erschienene Dateien direkt auf den Kindle sendet.

WLan einschalten genügt, und innerhalb von Sekunden kann man mit dem Lesen anfangen. Das WLan nur einzuschalten, wenn man es braucht, empfiehlt sich übrigens, man sollte es nicht durchgängig laufen lassen, da es doch sehr am Akku zerrt.

Immer mehr Bücher sind auch für den Kindle verfügbar und über Calibre und Anbieter wie Beam auch als epub DRM-frei zu haben. Der Lesestoff geht einem also nicht aus.

Kosten

Auch noch ein wichtiges Thema sind die Kosten der ebooks. Hat einen früher noch der Gedanke, wie viele Bücher man für den Preis des Readers kaufen könnte, von der Investition abgehalten, sieht das heute etwas anders aus. Natürlich ist die Herstellung von ebooks auch nicht ohne Kosten möglich, ein Team von Autoren, Redakteuren, Lektoren und sonstigen Mitarbeitern, sowie der Server, auf dem die Dateien gespeichert werden, und seine Abindung, kosten halt auch Geld. Aber genauso klar ist, dass ich hier einen Kostenvorteil gegenüber dem Buch habe. Deswegen ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass immer noch viele ebooks genau den gleichen Preis haben, wie die gedruckten Büchern.

Die Front bröckelt allerdings. Perry Rhodan ist bereits zu geringeren Kosten zu haben, vor allem dann, wenn man Dateien einkauft, die mehrere Hefte umfassen. Auch bei Romanen ist das zu beobachten, so dass sich die Kosten des Lesegeräts irgendwann amortisieren werden, im Vergleich zum Einkaufen gedruckter Ware. Außerdem bietet amazon selbst immer wieder ebooks verbilligt an, macht Aktionen, bei denen „100 ebooks für 1 euro das Stück“ zu haben sind. Oder auch mal eine Datei an einem bestimmten Tag komplett umsonst ist. Dazu kommt noch, dass es viele, viele, viele Bücher gibt, die mittlerweile public domain sind, und zwar sowohl im deutschen, wie auch im englischen Sprachraum. Und so findet man jede Menge originaler Dateien von Werken aus der Feder von Autoren wie Jules Verne, Karl May, Leo Tolstoi, Goethe, Schiller, und und und. Einfach per Mausklick, ohne Kosten, direkt auf den kindle holbar.

Auch auf englisch ist jede Menge verfügbar und wer in dieser Sprache gerne liest, der freut sich noch mehr, denn anstatt darauf zu warten, dass die Bücher für teures Geld über den Ozean geliefert werden, klickt man einfach auf „kaufen“ und hat die Datei Sekunden später auf den Kindle übertragen gekriegt. Das ist auf jeden Fall ein gewichtiges Argument für den Reader, auch wenn man die Dateien natürlich direkt auf dem Computer mit der kindle-app lesen kann, was natürlich gerade bei den Gratis-Büchern die noch preiswertere Option ist. Aber am Bildschirm liest es sich trotzdem lange nicht so angenehm, wie auf dem kindle.

Fazit:

Der eReader macht Spass und das, was er können will, auch hervorragend. Die Preise sind schon deutlich gefallen, nicht nur für den Reader, sondern auch für die Bücher. In den USA gibt es sogar bereits ein Modell, bei dem Kunden von Amazon Prime quasi als „Flatrate“ so gut wie jede Datei wie in der Bücherei ausleihen können (für zwei Wochen, danach funktioniert sie nicht mehr). Wenn das auch mal nach Deutschland kommt, dann wird es noch besser. Nie mehr in die Bücherei fahren und trotzdem praktisch jedes Buch ausleihen können. Viele von den Büchern und Heften, die ich so lese, lese ich genau einmal. Dann ist mir DRM auch egal, allerdings die Bücher für geringes Entgelt leihen zu können, wäre schon toll. Fakt ist aber auch, dass das normale Buch nicht aussterben wird und ich immer mal wieder, wenn ich das Buch für entsprechend lohnenswert halte und auch gerne noch mal lesen würde, das gedruckte Buch kaufen werde und mir aufs Regal stelle. Für alles und jeden eignet sich der Kindle nicht. Wer Platz auf dem Regal sparen will, gerne mal auch Bücher preiswerter lesen oder nur ausprobieren will (eine Probedatei ist eigentlich immer umsonst abrufbar), wer Bücher unterwegs lesen will und dabei wenig Platz im Koffer hat, der ist mit dem Kindle bestens bedient. Als Ergänzung ist er kaum zu schlagen. Und er kann jede Menge, was andere Lesegeräte nicht können. Das Investment hat sich für mich auf jeden Fall gelohnt.