Im Moment kommt man sich irgendwie vor, wie in einem schlechten Film. Minütlich neue Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft, garniert mit Schreckensszenarien, die von gewissen Medien noch zusätzlich dazugebastelt werden. Wer da im Augenblick in der Automobilindustrie arbeitet – so, wie ich – dem wird da manchmal schon irgendwie übel. Aber in der Krise liegen auch Chancen, und die müssen erkannt und genutzt werden.
Nur wie?
Fakt ist, dass heute morgen, als neuer Kulminationspunkt des Schreckens, Saab Insolvenz angemeldet hat. Der schwedische Autobauer hat im letzten Jahr so um die 94.000 Fahrzeuge abgesetzt und ist damit – zum wiederholten Male – deutlich unter seiner Auslastungsgrenze in Trollhättan bei Göteborg geblieben. Rückläufig sind nicht nur die Verkaufszahlen, sondern auch die Zahl der Mitarbeiter an diesem Standort. Um die 4000 Mitarbeiter arbeiten da noch, die jetzt erfahren müssen, dass ihre Firma, übrigens eine GM-Tochter, die Schwierigkeiten erst mal nicht mehr bewältigt kriegt.
Und dann ist da natürlich auch noch Opel. Eines der traditionsreichsten Unternehmen in der deutschen Automobilindustrie, sthet zusammen mit Saab mit dem Rücken schon an der Wand. Obwohl die Unternehmen verflochten sind und man nur die Zahlen von GM Europe sieht, kann man doch erkennen, dass der Verlust von GM in Europa wohl nicht nur von Saab kommt, auch Opel hat also seine Probleme.
Aber das passt ja zum Konzern.
Über Jahre hinweg, hat man Automobile entwickeln lassen, wie sie der Amerikaner über lange Jahre zu schätzen wusste. Wuchtig, viel Hubraum und ordentlich Benzin saufend, das war die Philosophie. Dass das schon lange nicht mehr zeitgemäß war, fiel in der Konzernzentrale in Detroit wohl niemandem so richtig auf. Aber natürlich, wenn die Gallone Benzin fast weniger kostet, als hier der Liter, dann muss man sich über diese Verschwendungssucht auch nicht wundern. Nur hat sich das auch in den USA mittlerweile geändert. Die Kosten für die Gallone sind im steigen begriffen. Im Vergleich zu Europa sind die Preise zwar immer noch auf niedrigem Niveau, was sicher den wesentlich geringeren Steuern zu verdanken ist. Aber der Trend ist eindeutig und damit auch ein Mitgrund, warum der Absatz bei den drei amerikanischen Traditionsunternehmen wegbricht.
In der Krise, schreit GM nun um Hilfe. Aber das nicht einmal überzeugend, denn was Rick Wagoner eigentlich will, ist nur das nötige Kleingeld, um so weiterwurschteln zu können, wie bisher. Eine tiefgreifende Änderung strebt er jedenfalls eindeutig nicht an, das sieht man schon an den Informationen, die er in seinem Sanierungsplan hat. Die bestehen nämlich im Wesentlichen aus vagen Ankündigungen. Wie die, dass man die Marke Saturn auslaufen lassen will .Nur wann? Gleich jedenfalls nicht, erst mal abwarten, bis der Lebenszyklus des Fahrzeugs an seinem Ende angekommen ist.
Und Hummer soll verkauft werden. So, wie Saab. Und noch weitere Marken, die nicht mehr gewinnbringend sind.
Was aber auch keiner beantwortet: Wer soll die Marken und die Werke denn kaufen? Dazu braucht man nämlich Geld, das im Markt aber gerade gar nicht zur Verfügung steht. Was man hat, sind Firmen, die bisher erfolgreich gegensteuern. Das bedeutet aber nicht, dass sie keine Probleme haben. Und schon gar nicht, dass das Geld keine Rolle spielt. Noch schlimmer: Die Banken haben auch kein Geld mehr, um die dafür nötigen Kredite zur Verfügung zu stellen. Die Blase ist geplatzt und der Markt schrumpft. Da noch handlungsfähig zu bleiben, ist schon schwierig.
Auf jeden Fall reicht es nicht, um die ausgedienten Dinosaurier-Marken weiter zu verkaufen.
Und Opel? Das ist zwar kein Dino, aber die Firma ist mit GM so verbandelt, dass eine Trennung zumindest ein Riesenproblem ist. Die Entwicklung der Hälfte aller Konzernmarken, ist in Deutschland angesiedelt. Plattformen auf der ganzen Welt sind in Deutschland entstanden und werden dort auch weitergepflegt. So einfach kriegt GM Opel nicht los. Und das ist auch das Problem der Firma, selbst wenn sie einen Käufer finden sollte, was ja noch nicht mal sicher ist. Wie will der denn die Bücher prüfen, um festzustellen, wie es der Firma eigentlich geht? Durch die enge Verflechtung mit GM, ist das fast nicht möglich. Und da Herr Wagoner auch nur Kosmetik betreiben will, ein tiefgreifender Umbau aber offensichtlich nicht in seiner Absicht liegt, hilft das auch nur bedingt. Ein von GM losgelöster Opel-Konzern muss außerdem auch erst einmal weiterleben können. Auf Dauer Konkurrenzfähig zu sein, ist jedenfalls alleine auch schwierig. Ob Konzerne wie Renault oder Peugeot PSA da helfen können, wie bereits angedeutet wurde, ist auch alles andere als sicher.
Da sieht man halt mal, wie schwierig es ist, eine solche gigantische Firma überhaupt noch zu kontrollieren. Bleibt abzuwarten, wie sich die Regierung der USA entscheidet. Saab jedenfalls, ging Insolvent, weil der schwedische Staat kein Interesse hatte, das Milliardengrab mit Steuermitteln zuschütten zu wollen. In Deutschland ist das eventuell etwas anders, zu viele Arbeitsplätze, nicht nur bei Opel direkt, sondern auch bei der Vielzahl an Zulieferern, stehen auf dem Spiel.
Und in den USA scheint man auch zu überlegen, ob eine Insolvenz von GM wirklich so schlimm wäre. Wagoner sagt, es wäre. Die Kosten wären deutlich höher (behauptet er) und von einem insolventen Unternehmen, würde niemand Fahrzeuge kaufen. Aber die Frage ist, ob er hier überhaupt noch eine Wahl hat.
Tatsache ist, dass eine Pleite schlimm genug wäre. GM ist nicht nur für meinen Arbeitgeber ein wichtiger Partner, ohne die Aufträge der einzelnen GM-Werke, würden die schon deutlich rückläufigen Absatzzahlen nicht nur bei uns noch weiter abbrechen. In meiner Firma hat man bisher wenigstens auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet, aber das ändert sich gerade auch. Erste Entlassungen, derzeit allerdings noch außerhalb Deutschlands, sind angekündigt. Ohne GM, wird das noch schlimmer und die Abwärtsspirale hat erst begonnen. Wer Arbeitslos wird, kauft sicher keine Autos mehr. Und wer keine Autos kauft, treibt die Aotomobilindustrie weiter nach unten. Wenn das passiert, werden noch mehr entlassen. Eine Schweinezyklus der schweinischen Art.
Da schaut man auf die ganzen Meldungen mit nicht geringer Sorge. Und fragt sich, ob man der Firma wirklich helfen soll, was diese gerne sehen würde. Oder doch lieber mal abwartet, was in einem halben Jahr ist. Im Moment jedenfalls, muss sich jeder so seine Gedanken machen. Sicher ist ein Arbeitsplatz, gerade in der Automobilindustrie, nicht mehr.