Die Wahl rückt näher

Kurz vor der Wahl, muss man sich die Frage stellen, was denn eigentlich am Sonntag für eine Entscheidung von uns erwartet wird. Ich meine damit sicher nicht, was die Parteien von uns erwarten. Da hat sicher jede seine eigene Vorstellung. Nein, ich meine, was wir letztendlich für Alternativen geboten kriegen.

Wenn man einmal nur die Parteien beobachtet, die da bereits im Bundestag vertreten sind, dann kann man schon einen Trend ablesen. Natürlich ist immer die Frage, inwieweit für einzelne eine politische Aussage einer Parte ein Problem darstellt, oder nicht. Aber es gibt ein paar durchaus auch objektive Punkte, die für oder gegen eine Partei sprechen.

Fangen wir mit den Regierungsparteien an. Da ist im Augenblick neben der CDU/CSU auch die SPD an der Macht. Da in Baden-Württemberg die CSU aber nicht auf dem Wahlzettel vertreten ist, kann man dazu sicher nichts sagen. Die CDU und SPD sind aber vertreten.

Und da trifft man gleich auf Vorstellungen der CDU, die zumindest bedenklich sind. Atomkraft, oder nicht, das ist hier die Frage. Unzweifelhaft ist die Atomkraft eine „saubere“ Energiequelle in dem Sinn, dass bei ihrer Erzeugung kaum Emissionen entstehen. Da ich kein Physiker bin, kann ich da kaum eine wissenschaftlich fundierte Aussage treffen. Deswegen tue ich das nicht und wiederhole nur das, „was man so hört“. Sauber ist die Atomkraft allerdings nur bei den Emissionen. Die Entsorgung des radioaktiven Mülls hingegen, wird wohl einmal eines der größten Probleme, das wir nachfolgenden Generationen hinterlassen. Und die CDU will jetzt vom Atomausstieg einen Rückzieher machen. Unterstützt von der FDP, deren Beteiligung an der nächste Regierung angestrebt wird.

Für mich persönlich, ist das ein guter Grund, die CDU für nicht wählbar zu halten.

Dazu kommen noch die Vorstellungen des Innenministeriums bezüglich Online-Durchsuchungen und die des Familienministeriums bezüglich einer Zensur-Infrastruktur für das Internet. Kein normaler Mensch wird was gegen eine Blockade von Kinderschändern haben, das ist aber meines Erachtens eine bewusste Emotionalisierung der Debatte. Mit solchen Totschläger-Argumenten, kann man natürlich Diskussionen im Keim unterbinden. Dass man das aber jetzt bereits ausweiten will, zeigt doch schon, wohin die Reise gehen will.

Auch aus diesen Gründen, ist die CDU für mich nicht wählbar.

Die SPD? Soziale Vorstellungen versucht man bei den Sozialdemokraten mühsam wieder voranzubringen, nachdem die unter Schröder ja doch sehr aufgeweicht wurden. Problem ist hierbei aber, dass man sich auf diesem Gebiet mit der Linken herumschlagen muss und die für sozialisten eventuell doch die interessantere Alternative darstellt. In die Mitte versucht man andererseits ja schon seit Jahren zu kommen, die ist aber schon recht besetzt, genau genommen drängelt sich da praktisch jeder inzwischen, egal ob er in der bürgerlichen Mitte traditionell vermutet werden kann oder nur so wahrgenommen werden will.

Aber das sind natürlich Geschmacksfragen, die jetzt noch nicht per se für oder gegen die SPD sprechen. Viel schlimmer finde ich, nach langen Jahren der Ulla Schmidt’schen Gesundheitspolitik, dass dieser Kurs womöglich noch weitergeführt wird. Auch vor dem Hintergrund von Berichten, nach denen sich Frau Schmidt ja recht gut mit den Vertretern von Krankenhäusern versteht und dem Lobbyismus derer erliegt, zu lasten der niedergelassenen Ärzteschaft. Will man das wirklich weiterhin haben?

Als bedenklich empfinde ich auch den Kurs bezüglich einer Koalition mit der Linkspartei. Diese speist sich ja im wesentlichen aus alten SED-Kadern und wird immer harmloser geredet, ob sie es nun wirklich ist oder nicht, wie auch der Spiegel kritisch hinterfragt:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,650626,00.html

Da ist es natürlich schon bedenklich, dass die Linke auf Länderebene als Salonfähig angesehen wird, auf Bundesebene aber nicht – als hätte Länderpolitik keine Auswirkung auf die Bundespolitik, dass das ein Problem sein könnte, sah man ja auch daran, dass die Rot-Rote Koalition in Berlin den Lissabon-Vertrag verhindert hat. Eine solche Distanzierung, die ja auch schon etwas abgeschwächt wird, ist da nicht so richtig glaubwürdig. Vor allem auch nicht nach dem Ypsilanti-Desaster.

Dann die Opposition. Die FDP zum Beispiel wird mehr und mehr zum Anhängsel der CDU und kann auch mit ihren Aussagen nicht so recht überzeugen. Die Frage, ob mehr Netto vom Brutto wirklich dazu führt, dass der Bund mehr Einnahmen generieren kann, wie Westerwelle zu vermitteln versucht, ist ja höchst umstritten:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,650851,00.html

Mal davon abgesehen, dass, wie ja schon dargestellt, das Märchen von den Bewahrern der Grundrechte von der FDP mit ihrer heraufdämmernden Koalition in Sachsen schon selbst ad absurdum geführt wird. Wenn es um den Koalitionsvertrag – natürlich nach der Wahl – geht, dann ist sicher vieles von den Versprechen wieder vergessen. Und wer ein Problem mit der Verlängerung der Laufzeiten für die Atomkraftwerke hat, der ist bei der FDP auch nicht unbedingt richtig, wie diese ja bereits vor der Wahl deutlich macht. Aber das wiederum fällt eher unter Geschmacksfrage.

Fakt dürfte aber immer noch sein, dass man sich die FDP auch leisten können muss.

Die Linke genießt als Nachfolgepartei der SED einen eher zweifelhaften Ruf, den sie mit mehrfacher Umbenennung der Partei aufzuweichen sucht. Auch die WASG aufzunehmen, war hierbei sicher ein guter Schachzug. Fakt ist aber, dass die beiden Hauptfiguren, Gysi und Lafontaine, ja beide bereits bewiesen haben, dass sie in Verantwortung kein großes Durchhaltevermögen haben (Gysi als Senator in Berlin und Lafontaine als Minister auf Bundesebene). Als Opposition haben die da eher Potential und sprechen ja mit ihren Inhalten mittlerweile auch im Westen einige an. Ob es da ein böses Erwachen irgendwann geben wird, darüber kann man spekulieren, wie der Spiegel Online weiter oben ja auch zeigt. Für mich ist aber auch die Linke nicht wirklich wählbar.

Bleiben die Grünen. Je nach Position, die man selbst so vertritt, kann sie eine Alternative sein oder halt auch nicht. Fakt ist aber, dass sie ja bereits deutlich ausgeschlossen haben, mit der FDP zusammen der CDU eine Mehrheit zu beschaffen. Auch auf der „anderen“ Seite, mit der SPD und den Liberalen zusammen, wollen sie lieber nicht aktiv werden. Wie das bei Rot-Rot wäre, ist noch eine andere Frage, aber man kann auch hier den Eindruck gewinnen, dass man da nicht unbedingt Mehrheitsbeschaffer spielen will.

Bleibt die Frage, was die Grünen denn dann wollen. Selbst Verantwortung, werden sie wohl in absehbarer Zeit nicht übernehmen. Ob sie also in eine gestalterische Rolle finden werden, ist insofern eher zweifelhaft. Als Anhänger der Grünen git es da sicher wenig Spielraum, aber als klassischer Wechselwähler, muss man sich schon fragen, ob die Stimme gut investiert ist. Vermutlich wird aber eine Stimme für die Grünen nicht in eine Regierungsverantwortung dieser Partei münden. Was viele sicher auch abschreckt. Unwählbar empfinde ich die Grünen aber nicht.

Was dann noch bleibt, kann man sich fragen. Parteien, die da sonst noch übrig bleiben, sind mehrheitlich auch kaum eine Alternative. Vielleicht am ehesten noch die Piraten, aber ob die wirklich so viele Wähler mobilisieren werden, wie sie benötigen, um mitgestalten zu können, ist erst einmal fraglich. Vielleicht in vier Jahren, wenn viele weitere Jugendliche das Alter erreichen, in dem sie zum ersten Mal wählen dürfen, denn die Piraten sprechen eher die jungen Wähler an.

Angesichts dieser Aussichten, muss man sich eigentlich nicht wundern, wenn viele Politikverdrossen oder Wahlmüde sind. Alternativen sind nicht zu erkennen, die Positionen der Parteien oft unklar, die Glaubwürdigkeit der Kandidaten kann man in manchen Bereichen durchaus anzweifeln. Wen soll man da nur wählen, wenn man nicht nur seine demokratische Pflicht ernst nimmt, sondern auch noch der Meinung ist, dass das Recht zu Wählen eben auch ein Privileg ist, das man nicht leichtfertig vergeben sollte?

Nach dem Luschen-Wahlkampf, steht man zwei Tage vor der Wahl da und fragt sich wirklich, was einem das jetzt helfen soll, Hätte nie gedacht, dass ich mich mal nach einen Kohl oder einem Schröder zurücksehen würde. Die hatten wenigstens noch Positionen und ein klein wenig Lust, auch wirklich zu gestalten. Was aber sicher spannend wird, was wird der Wähler nach diesem Wahlsonntag den Vertretern für einen Auftrag erteilen? Gehts wieder in Richtung einer großen Koalition, die ja inzwischen so groß eigentlich gar nicht mehr ist? Wird die Rolle der SPD immer mehr auf die eines Mehrheitsbeschaffers zurückgeschraubt? Und wer soll Deutschland aus dieser politischen Krise herausführen?

Fragen über Fragen. Die Antworten werden wir dann am Sonntag erhalten. So oder so …