Baseball-Schiedsrichter

Armando Gallaraga ist Pitcher bei den Detroit Tigers. Und Armando Gallaraga war dieses Jahr nur ein „Out“ von einem „Perfect Game“ entfernt. Ein Perfektes Spiel, sozusagen. Das ist aus Sicht eines Pitchers natürlich dann der Fall, wenn in neun Innings jeder Spieler, der die erste Base erreichen will, voher ausgemacht wird. Bei neun Innings und drei „Out“ pro Inning, wären das 27 Out. 26 hatte Armando Gallaraga bereits „retired“, also wieder zurück auf die Bank geschickt.

Und dann kam der Cleveland Indian Jason Arnold. Er legte den Ball rechts am Pitcher vorbei in Richtung First Base. Der dortige Spieler, Miguel Cabrera, nahm den Ball auf und warf ihn zum Pitcher, eben jenem Armando Gallaraga, der auf die Base trat und damit das letzte „Out“ erzielt hatte.

Theoretisch zumindest.

Denn Jim Joyce „missed the call“, wie man so schön sagt. Er hat das Ding verblasen. Komplett verkackt. Und den Runner Save gegeben. Das passiert, Schiedsrichter sind auch nur Menschen.

Aber darum soll es hier nicht gehen. Ich habe schon vor langer Zeit mal über das Schiedsrichtern im Baseball hier bei uns berichtet. Natürlich machen auch Schiedsrichter Fehler und haben mal einen schlechten Tag. Jim Joyce jedenfalls, hat ziemlich schnell bemerkt, dass er hier Mist gebaut hat. Man muss sich nur mal eine Zahl vergegenwärtigen: 20. Ein „Perfect Game“ gab es in der Geschichte des Baseball bisher genau 20 Mal. Gallaraga wäre der Pitcher Nummer 21 gewesen, dem das geglückt ist. Und es hätte ihn unsterblich gemacht. Wenn man bedenkt, dass jede Mannschaft in einer Saison über 160 Spiele bestreitet und es Baseball schon seit mehr als hundert Jahren gibt, selbst wenn man berücksichtigt, dass früher die Zahl der Spiele geringer war, dann begreift man, welch gigantische Zahl an Baseballspielen schon ausgetragen wurde. Ein „Perfect Game“ gab es hingegen erst 20 Mal.

Gallaraga jedenfalls erlebte den Moment des Triumphes, der sich in Bruchteilen einer Sekunde in unsagbare Enttäuschung verwandelte. Er protestierte natürlich, aber nur sehr kurz. Dann drehte er sich um und lächelte. Er stellte sich dem nächsten Batter und schickte ihn zurück auf die Bank. Spiel vorbei, aber mit dem Makel, dass er halt doch einen Basehit hinnehmen musste und ein Runner die erste Base erreicht hatte.

Natürlich weiß niemand, wie Gallaraga sich gefühlt hat. Oder Jim Joyce. Man kann sicher annehmen, dass beide, aus ganz unterschiedlichen Gründen schlaflose Nächte deswegen  hatten. Joyce jedenfalls war klar, dass er hier einen fatalen Fehler gemacht hatte. Dementsprechend war er auch stark angeschlagen und entsprechend kleinlaut, als er Gallaraga in seiner Kabine nach dem Spiel besucht hat. Er hat sich entschuldigt und Gallaraga hat das sofort akzeptiert. Danach gab er Interviews und machte allgemein nicht den Eindruck, als wäre er besonders ärgerlich. Er scherzte mit seinen Mitspielern und lachte, als wäre nichts geschehen.

Und am nächsten Tag bat er Jim Leyland, den Manager der Detroit Tigers, um die Möglichkeit, das „Line Up“ dem Umpire übergeben zu dürfen. Vor jedem Spiel muss der Manager der Mannschaft nämlich festlegen, welche Spieler zu Beginn auf dem Platz stehen, welche Position sie dort haben, in welcher Reihenfolge sie zum Schlagen kommen und wer die Ersatzspieler sind. Diese Aufstellung war es, die Gallaraga dem Umpire übergeben hat. Das war nämlich kein geringerer, als eben jener genannte Jim Joyce, der die Card entgegennahm und Gallaraga mit verkniffenem Gesicht noch einmal entschuldigend auf die Schulter klopfte. Und warum hatte Gallaraga das getan? Weil er dem Schiedsrichter noch einmal die  Hand geben wollte und klar machen, dass er ihm nichts nachtrug.

Soviel dazu, wie man auf Schiedsrichterentscheidungen auch reagieren kann. Gallaraga hätte allen Grund gehabt, mit Joyce nie wieder ein Wort zu wechseln. Aber er hat es nicht getan. Er hat Größe gezeigt und wurde deswegen zu Recht für diese Geste mit stehenden Ovationen bedacht. Eine solche Größe zeigt nicht jeder, das kann man auch von niemandem erwarten. Trotzdem ist es beispielhaft und es ist einfach schön, zu sehen, dass es auch noch andere Möglichkeiten gibt, auf vermeintliche Ungerechtigkeiten zu reagieren. Und für Jim Joyce ist es in jedem Fall eine Erleichterung, auch wenn er sich vielleicht beschämt fühlen mag.

Und Armando Gallaraga? Er wird vermutlich nie wieder so eine Gelegenheit erhalten und seine Qualitäten auf andere Weise unter Beweis stellen müssen. Den „einfachen“ Weg zum Ruhm hat er verpasst. Aber mit seiner positiven Lebenseinstellung, stehen ihm alle Wege offen.

Ein Gedanke zu „Baseball-Schiedsrichter“

  1. Wirklich schade. Normalerweise liegen die MLB Umpire zu 99% richtig. Gerade in so einer Situation muss im Zwefelsfall für den Pitcher und dem anstehenden Perfect Game entschieden werden.

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