In Brasilien kann man auch Schuhe relativ preiswert einkaufen. Bereits beim letzten Mal hatte ich mir ein paar gegönnt, aber da ich die praktisch das ganze Jahr anhatte, war es an der Zeit, mal wieder nach Ersatz zu schauen. Und so sind diesmal zwei Paar herausgesprungen. Das eine kostet umgerechnet etwa 30 Euro, schwarze Schuhe, die man zu fast allen Gelegenheiten anziehen kann, während die anderen um die 45 Euro gekostet haben und zum Typus der „Sapatennis“ gehören. „Sapatas“ sind Schuhe, während „Tennis“ Turnschuhe sind. Das ist also praktisch ein Zwischending.
Wie so vieles, ist auch das Schuhe kaufen im Prinzip vergleichbar, mit einigen Unterschieden im Detail. Während man bei uns den Laden schon betreten muss, um bedient zu werden, läuft das hier grundlegend anders. Jeder Schuhladen hat ein großes Schaufenster (wie bei uns). Wenn man jetzt aber Schuhe anprobieren will, dann braucht man eigentlich nur zu warten, bis man angesprochen wird. Gerade jetzt in der Weihnachtszeit stehen vor jedem Schuhladen so um die 10 Leute herum, die nicht Kunden sind, sondern als Verkäufer dort arbeiten, und die nur drauf warten, dass sich einer einen Schuh mal genauer betrachtet. Schon wird man angesprochen.
Dann setzt man sich drinnen auf einen der in großer Menge bereit stehenden Stühle oder Sessel und wartet, bis einem die Schuhe gebracht werden, die man bezeichnet hat. Man muss nur im Schaufenster drauf deuten und sagen, welche Größe man haben will. Dabei muss man allerdings beachten, dass die Größe nicht ganz der europäischen entspricht. Wer bei uns einen Schuh Größe 43 braucht, der braucht dort unten höchstens 41, so in etwa ist das Verhältnis.
Abgesehen davon, sind die Shoppingcenter hier genauso, wie man sie auch bei uns kennt. Etwas amerkanischer vielleicht, aber in vielen Bereichen ist Brasilien auch eine interessante amerikanisch-europäische Mischung. Was die Centers den Malls der USA sehr ähnlich macht, ist nicht nur die Unmenge an Ladenlokalen, die in so einem Center drin sind, sondern auch die Vielzahl weiterer Services. Natürlich kann man Devisen umtauschen, telefonieren und Geld abheben. Man kann einkaufen, bis der Arzt kommt. Man kann aber auch ins Kino gehen oder einfach gemütlich was essen. Die Centers haben zumeist einen Bereich, in dem sich eine Menge an Restaurants tummeln. Da gibt es dann praktisch alles, angefangen vom amerikanischen Burgerbrater McDonalds über einheimische Burgerläden wie Bobs Burger oder Giraffa bis hin zu italienischen Läden, bei denen es Pizza oder Nudeln gibt, Restaurants mit eher japanischem Essen (Sushi oder Sashimi oder so was) oder arabischer Küche. Mr. Sheik bietet zum Beispiel „Esfihas“ an. Das sind kleine Pizzas, die nicht genau so schmecken, wie man das von Pizza kennt. Oder Kibe, das sind so was wie Fleischbällchen. Es gibt also so gut wie alles da.
Und wem das nicht reicht, der wird auch mit Süsigkeiten reichlich verwöhnt, vor allem natürlich jetzt in der Vorweihnachtszeit. Eis gibt es natürlich ebenfalls und jede Menge zu trinken und wer von dem ganzen Zeug aus aller Herren Länder genug hat, der findet auch ein Restaurant mit eher typisch brasilianischer Küche, was in der Regel einhergeht mit gegrilltem Fleisch oder Reis mit Bohnen oder so was. Es gibt also praktisch nichts, was es nicht gibt.
Und wie erwähnt auch das Kino. Da werden wir uns heute noch „Madagacar 2“ anschauen, mit den Neffen (Flavios Söhne) und der Nichte (Ricardos Tochter). Auf portugiesisch, also nicht auf englisch mit Untertiteln … mal schauen, ob das was wird :-).
In Osasco gibt es eine Menge Einkaufszentren, nicht nur die drei großen Malls. Die drei großen sind aber natürlich bevorzugter Anlaufpunkt. Eine davon ist im Zentrum, in der Fußgängerzone, unweit vom Bahnhof und nennt sich „Praza“. Das dürfte eine der beeindruckendsten sein, wobei sie alle ähnlich angelegt sind und sich nur im Detail unterscheiden. Besonders gelungen ist hier der zentrale Platz mit all den Restaurants, während sich die Läden und weitere Attraktionen wie ein Gürtel um diesen zentralen Platz herumziehen. Die Parkplätze sind oben drauf untergebracht und meistens gut gefüllt. Jetzt in der Vorweihnachtszeit sowieso. Wer übrigens, so wie ich, vor Weihnachten nicht mehr in die Stadt geht, weil ihm da zu viel los ist, der kann sich davon in Brasilien kurieren lassen. Was da bereits unter der Woche, vor allem Abends, in den Läden unterwegs ist, dagegen ist Ulm vor Weihnachten an einem Samstag wirklich ziemlich leer … :-).
Das zweite Center ist „Super Shopping Osasco“ und hat das modernste und schönste, aber leider auch teuerste Kino der Stadt zu bieten, ebenfalls neben einer großzügigen Anlage voller Restaurants. Daneben gibt es in dem Gebiet auch noch einen riesigen Walmart und einen gewaltigen Carrefour (beide am Besten mit einem „Real“ vergleichbar, was Sortiment und Preise angeht). In den Läden kann man alles kriegen, und was man da nicht kriegt, das gibt es im „Super Shopping Osasco“.
Und das dritte ist das „Continental Shopping“ und liegt praktisch auf der Stadtgrenze zu Sao Paulo. Osasco ist ein Vorort, der zwar an das große Sao Paulo angrenzt, aber nicht Teil davon ist, es hat also eine eigene Verwaltung. In Osasco alleine leben schon fast 800.000 Menschen, die Stadt ist also größer als Stuttgart … Das Continental Shopping ist eines der größten, was die verfügbaren Läden angeht, hat natürlich ebenfalls ein Kino und außerdem ein Bowlingcenter zu bieten. Was man in den drei Centers nicht findet, das gibt es nicht …
Übrigens ist mir eines aufgefallen. Es war vor zwei Jahren schon manchmal schwierig, in die Stadt zu fahren, weil so viel Verkehr war. Der hat aber irgendwie in den letzten beiden Jahren noch deutlich zugenommen. Es wird immer schwieriger, „mal eben“ in die Stadt zu fahren, da muss man schon Zeit mitbringen. Wegen einer Kleinigkeit lohnt sich das oft nicht, da muss man dann halt auch mal in den regionalen Supermarkt fahren, auch wenn der deutlich teurer geworden ist. Aber nachdem im Zuge der Finanzkrise auch die Preise bei den Autos eingebrochen sind, kann man wohl davon ausgehen, dass das noch schlimmer wird.
Ein Beispiel: Mein Schwiegervater hat sich einen neuen Fiat Palio für sein Unternehmen zugelegt und dazu ein Modell genommen, das praktisch ausser Lenkrad und Radio nichts hat (und das Lenkrad hat noch nicht mal eine Servolenkung …). Ausgenommen davon ist natürlich eine Alarmanlage und getönte Scheiben, die hat in Brasilien jedes Auto, das ist keine Sonderausstattung. Er hat dafür um die 40.000 Real hingelegt (umgerechnet vielleicht 15.000 Euro). Vergleichsweise sind die Autos hier nämlich nicht gerade billig. Wenn man davon ausgeht, dass man für zwischen 50.000 und 80.000 Real hier schon ein recht schönes Häuschen kaufen oder bauen lassen kann, dann sieht man dass ein Auto für 40.000 Real hier schon in Richtung Luxus geht …
Aber vor kurzem hab ich im Fernsehen (TV Globo) eine Werbung für einen Palio gesehen, der richtig gut ausgestattet war. Sie wollten dafür noch 24.999 Real haben … Im Vergleich zu dem Wagen, den sich mein Schwiegervater gekauft hat, ist das natürlich ein unverschämt günstiger Preis. Er hat sich das Auto eine Woche bevor der Zirkus mit dieser Krise losgegangen ist geleistet … einfach den falschen Zeitpunkt gewählt. Und kann das Ding jetzt nicht mal mehr verkaufen, weil es natürlich bereits einen Wertverlust gegeben habt, der durch den Preisverfall noch deutlich verstärkt wurde. Über das Auto ärgert er sich jeden Tag und mir ist aufgefallen, dass er es praktisch jeden Tag im Einsatz hat, nur damit er wenigstens was davon hat …
Wenn man bedenkt, wie hier die Zahl der vor allem neuwertigen Autos auf den Strassen steigt und man außerdem sieht, was in den Läden hier angeboten wird, wie sich die Preise bestimmter Artikel entwickeln (zum Beispiel auch Flachbildfernseher, die hier noch als Luxusartikel gelten aber im Walmart inzwischen auch schon verramscht werden für um die 2500 Reals – früher gingen dafür mindestens 10.000 der örtlichen Währung über den Ladentisch), dann sieht man schon, dass hier, trotz der globalen Krise, ein gewaltiger Aufwärtstrend herrscht. Brasilien boomt und wird uns vermutlich bald überholen, das muss man nüchtern so sehen. Sobald man die Städte verlässt, sieht man überall an den Schnellstrassen riesige Unternehmen wie Pilze aus dem Boden schießen, jedes mal wieder ein paar mehr. Und die Strassen selbst bessern sich ebenfalls, leider auf Kosten der Bevölkerung, denn immer mehr Strassen werden privatisiert und damit Mautpflichtig. Aber dafür werden sie auch gewartet und in Stand gehalten, was man von den Strassen hier im Viertel nicht unbedingt sagen kann. Das Fernreisen, wird aber auf jeden Fall immer mehr zum Vergnügen, wenn sich die Strassen so entwickeln.
Brasilien befindet sich ganz schön im Umbruch und wenn man im Laufe der Zeit immer mal wieder hierherkommt, dann merkt man erst, wie gewaltig der ist …