Wo liegt das Problem?

An sich sieht man an der sich anbahnenden Katastrophe in Japan mal wieder schön,  wie wir als Menschheit funktionieren. Da wurde im Jahre 1979 zum ersten Mal bekannt, dass die schöne, neue Hochtechnologie namens Atomenergie ja auch ihre Tücken haben kann. Ein niemals für möglich gehaltener, „größter anzunehmender Unfall“, ist für einen Moment in greifbare Nähe gerückt und hat den Menschen vor Augen geführt, dass ihre persönliche Bequemlichkeit teuer erkauft sein könnte. Ein Umdenken setzte ein und setzte die Anti-Atomkraftbewegung erst so richtig in Gang.

1986 dann der Tschernobyl-Schock. Da fliegt doch tatsächlich ein Reaktor in die Luft und zeigt, dass der GAU nicht nur eine Utopie ist, sondern tatsächlich passieren kann. Zwei dramatische Wochen lang kämpfte man um die Löschung des Atombrandes und sicherte den explodierten Reaktor anschließend irgendwie ab. Sehr zu Lasten der damaligen Helfer, von denen heute kaum noch einer am Leben ist. Der Betonmantel ist heute bröckelig und die Angst vor Tschernobyl eigentlich noch gar nicht ausgestanden, denn die Strahlung wird es auch noch geben, wenn wir schon lange nicht mehr existieren. Aber wenigstens ist man dem Teufel noch mal von der Schippe gesprungen. Puh, was für ein Glück.

Lange Jahre hatte man Ruhe und das führte so weit, dass der bereits beschlossene Ausstieg aus der Atomkraft rückgängig gemacht wurde. Dabei muss es einem keine Angst machen, dass wir hier in Deutschland mit über den ältesten Park aller Meiler verfügen. Vielleicht hätte man besser einen neuen gebaut und dafür zehn der alten abgeschaltet, weil die neuen nicht nur effizienter sein können, sondern eben auch sicherer. Aber das will man ja nicht. Lieber die alten Dinger weiterbetreiben, einen Haufen Geld sparen und ordentlich Gewinne machen.

Und dann gibt es ein Erdbeben in Japan und plötzlich wird die ganze himmlische Ruhe jäh durch neue Aufschreie gegen die Atomkraft unterbrochen.

Dabei ist die Frage doch eigentlich berechtigt: Wo ist die Alternative? Braunkohle und Steinkohle sind es ja sicher nicht, haben die doch mit die schädlichste Bilanz in Sachen CO2 anzubieten. Und da wären sicher auch die Umweltschützer dagegen. Alternative Energiequellen sind aber noch lange nicht so weit, den Hunger nach Energie zu stillen. Sollen wir etwa auf alles verzichten, was wir erreicht haben? Immerhin erlauben uns so schöne Dinge wie der Standby, neben ihrer Verschwendung an Energie, immerhin, vom Sofa aus den Fernseher einzuschalten. Man sollte dieses Argument nicht unterschätzen, eine Diskussion endet spätestens dann, wenn viele merken, dass sie in ihrer Bequemlichkeit eingeschränkt werden. Dann schreit man „Diktatur“ und verwehrt sich dagegen, dass einem die „persönliche Freiheit“ „gutmenschenhaft“ beschnitten wird. Alles selbst erlebt, eingebildete oder reale Katastrophen reichen halt offensichtlich nicht aus. Und ob man da vielleicht selbst eine diktatorische Einstellung hat, ist ja erst mal auch nicht die Frage. Immerhin ist ein Fehler in diesem Bereich mit dem möglichen Ende der gesamten Menschheit verbunden und was in Japan schon geschehen ist und noch geschehen mag, das weiß ja schließlich kein Mensch.

Fakt ist jedenfalls, dass Solarenergie, Windkraft, Wasserkraft und was es sonst noch an umweltfreundlichen und nachhaltigen Möglichkeiten gibt, Stand heute nicht in der Lage sind, unseren Hunger nach Energie zu stillen. Da kommt die Atomkraft doch eigentlich recht gelegen. Auch wenn wir uns über die Folgen kaum im Klaren sind, sieht man die positiven Auswirkungen doch jeden Tag direkt vor sich. Wer denkt da schon an die Probleme, die spätere Generationen mit unserem Müll mal haben werden. Wer fragt sich schon, welche Auswirkungen das ganz konkret und sofort für uns alle haben kann?

Verständlich ist das schon, wenn es um die eigene Bequemlichkeit geht, da wird jeder höchst empfindlich reagieren. Aber genau diese Form von Ignoranz, so nachvollziehbar sie auch sein mag, kann durchaus unser Verhängnis sein. Letztendlich ist es aber vollkommen gleichgültig. Wir haben das nicht in der Hand. Die Atomkraft existiert nun mal und da sie da ist, wird sie auch genutzt. Es ist meiner Meinung nach illusorisch, zu glauben, dass sich daran schnell etwas ändern wird. Und selbst wenn Deutschland aus der Produktion von Atomstrom aussteigt, glaubt doch keiner, dass die anderen das alle auch machen werden. Im Gegenteil, wir werden vermutlich unseren Mehrbedarf von dort ankaufen müssen und machen uns so letztendlich abhängig von den Importen. Ein „kleineres Übel“ kann man in dieser Frage kaum erkennen, denn wir sehen ja jetzt, dass selbst eine atomare Katastrophe in Japan nicht dazu führt, dass irgendjemand ein Risiko für uns hier in Deutschland ausschließen kann. Faktisch geht uns Atomkraft alle an, auch wenn die Mehrheit da kein Interesse dran haben wird.